Das Leben und der Tod des Königs Lear by William Shakespeare
Autor:William Shakespeare
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3-251-20138-7
Herausgeber: Haffmans Verlag
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Dritter Auftritt.
Kent kommt zu ihnen.
Lear. Nein, ich will das Muster aller Geduld seyn, ich will nichts sagen.
Kent. Wer ist hier?
Narr. â â â â â â Der Narr sagt hier etwas so elendes, daà der Uebersezer sich nicht überwinden kan, es herzusezen. Der Leser darf versichert seyn, daà man nichts verliehrt, wenn schon zuweilen Einfälle weggelassen werden, deren Absicht bloà war, die Grundsuppe des Londner-Pöbels zu König Jacobs Zeiten lachen zu machen.
Kent. Ach! Sir, seyd ihr hier? Geschöpfe die sonst die Nacht lieben, lieben keine solche Nächte wie diese; der ergrimmte Himmel schrekt sogar die nachtwandernden Gespenster in ihre Hölen zurük. Seit ich ein Mann bin, erinnere ich mich nicht solche Feuer-Güsse, solche fürchterlich berstende Donner, ein solches Geheul und Geprassel von Sturmwinden und Plazregen gehört zu haben. Das ist mehr als die menschliche Natur ausstehen kan.
Lear. Izt mögen die grossen Götter, die dieses entsezliche Getöse über unsern Häuptern machen, ihre Feinde aufsuchen. Zittre, du Unglükseliger, dessen unentdekte Verbrechen der Ruthe der Gerechtigkeit entgangen sind! Verbirg dich, du blutige Hand, du Meineydiger, du blutschänderischer Heuchler der Tugend; zerfall in Asche, Bösewicht, der unter dem Schein der Freundschaft nach dem Leben eines Menschen getrachtet hat â â Ihr geheimen verschlossenen Sünden, öffnet euere verbergende Kammern, und bittet diese fürchterlichen Aufforderer um Gnade â â Ich bin ein Mensch, gegen den mehr gesündiget worden, als er selbst gesündiget hat.
Kent. O weh! mit blossem Haupt! Mein gütiger Lord, ganz nah an hier ist eine Hütte; Irgend ein mitleidiges Geschöpf wird sie euch gegen das Ungewitter leihen; ruhet dort aus, indeà daà ich in dieses harte Haus (härter als der Fels auf dem es erbaut ist, weil sie nur eben izt, da ich nach euch fragte, mir den Eingang versagten) zurük kehre, und ihrer kargen Höflichkeit Gewalt anthue.
Lear. Mein Kopf fangt an zu schwärmen â â Komm mit, Junge. Was machst du, Junge? frierst du? Ich friere selbst. Wo ist Stroh, guter Freund? Die Kunst der Nothwendigkeit ist wunderbar, daà sie die schlechtesten Dinge kostbar machen kan. Kommt, in eure Hütte! â â Armer Tropf! Ich habe nur noch eine Faser von meinem Herzen übrig, und die ist izt für dich bekümmert.
Narr (singt ein kahles Liedlein.)
Lear. In der That, mein guter Junge; komm, führ uns in die Hütte â â
(Geht mit Kent ab.)
Narr. Das ist eine hübsche Nacht ein verliebtes Weibsbild abzukühlen. Ich will noch eine oder zwo Propheceyungen sagen, eh ich geh. (Die folgende Stelle ist im Original in Reimen.) »Wenn Priester reicher an Worten als Gedanken sind, und Brauer ihr Malz mit Wasser verderben; wenn Edelleute die Lehrmeister ihrer Schneider sind, und anstatt der Kezer nur Hurenjäger verbrennt werden, dann kommt die Zeit, wer sie erlebt, daà der Gebrauch seyn wird mit den Füssen zu gehen. Wenn ein jeder Rechtshandel gerecht seyn wird, kein Edelmann voller Schulden, und kein Junker arm, wenn Verleumdungen nicht in Zungen leben, und Beutelschneider sich in kein Gedränge mischen, wenn Wucherer ihr Gold auf freyem Felde zählen, und Kupplerinnen und H**n Kirchen bauen:
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